Mittelpunkt und fester Halt der Pfarrgemeinde

Pfarrer Hugo Brauburger soll mit dem Rucksack durch das Dorf gegangen sein um für die neue Kirche zu  betteln. Andere Quellen besagen, dass er mit dem Gockelhahn von Haus zu Haus gelaufen ist. Die spätere Zierde des Kirchturmes sollte offensichtlich die Rechtenbacher dazu ermuntern, den Kirchbau finanzieren  und die Schulden kleiner werden zu lassen. Wen eigentlich wundert es, dass nicht alle Einwohner gerade begeistert waren. Schließlich schrieb man das Jahr 1913/14 und auch die an sich schon armen Dorfbewohner hatten weiß Gott andere Sorgen. Der Krieg stand bevor oder war schon im Gange; die Männer eingerückt, mehr als eine Hiobsbotschaft musste ins Haus gebracht werden. Vor diese Situation sah sich aber Pfarrer Hugo Brauberger gestellt, der den Kirchbau als Erbe übernommen hatte und von dem Zeitgenossen zu berichten wissen, dass er auch nicht ein sehr gelassener Hirte war und ihm mehr als einmal jener bewusste Faden gerissen sein soll, den man den Geduldsfaden nennt.

 

1860 hatte der damalige erste Pfarrer Michael Staab schon einmal überlegt, was denn nun werden solle,  wenn das Dorf wächst und die alte Glasmacherkirche zu klein wird. Und weil dem so war musste sich ein verantwortungsvoller Pfarrherr auch ernsthaft Gedanken für einen Kirchenneubau machen. Den Bauplatz  hatten Holzhändler und Müller Clemens Hartmann und seine Gattin Annemarie, geb. Kohl bereits 1884 der Kirche vermacht. Eine Kollekte im Regierungsbezirk brachte 1865 den Betrag von knapp tausend Gulden.1873 wurde die "alte" Kirche noch einmal 
renoviert. 1881 erbrachte eine über das gesamte Land Bayern  genehmigte Kollekte 20312 Reichsmark. 1906 war der Baufond auf 82200 Mark angewachsen. Pfarrer  Rudolf Heil, der von 1907 an bis 1912 in Rechtenbach wirkte, brachte die Neubaupläne entscheidend voran. Er starb schon mit 40 Jahren und hinterließ seinem Nachfolger, Pfarrer Hugo Braunberger, das Erbe des Kirchenneubaues. Der ebenso temperamentvolle wie tatkräftige Seelsorger nahm nun den Kirchenbau in die Hände, der ja schließlich auch von höchster königlicher-bayerischer Obrigkeit befürwortet wurde. Trotzdem waren viele Schwierigkeiten zu überwinden.


 

 

 

Im April 1913 begann der Kirchenbau nach den Plänen des Mainzer Dombaumeisters Professor Ludwig Becker. Am 25. Mai 1913 war Grundsteinlegung. Die Maurer kamen meistenteils aus Güntersleben bei Würzburg, die Steine natürlich aus dem Spessarter Buntsandstein. Im Winter 1913 war der Rohbau fertig. Dann warf der erste Weltkrieg seine Schatten voraus. Am 15. August 1914, der zweiten Kriegswoche, konnte Pfarrer Hugo Braunberger seine Kirche benedizieren. Eine offizielle Einweihung war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht möglich. "Es war ein Einzug in recht gedrückter Stimmung", schreibt Pfarrer Brauburger in die Pfarrchronik, "täglich ziehen Männer in den Krieg". Erst am 2. Juli 1935 wurde die neugotische Kirche durch Bischof Mathias Ehrenfried geweiht. Zu Ehren von Maria Heimsuchung; zweiter Kirchenpatron ist der heilige Sebastian. Pfarrer Hugo Geißendörfer hatte die Kirche im Vorfeld dieses großen Ereignisses bereits einer ersten Renovierung unterzogen.
Die "alte Kirche" auf dem Friedhof trauert inzwischen ihrem Verfall entgegen, bevor Pfarrer Erhard sie vor dem endgültigen Ruin durch den Umbau in ein Pfarrheim bewahrte, nicht ganz unumstritten, wie zugegeben werden sollte.Jedenfalls freut sich die Spessartgemeinde heute über Renaissance der alten Kirche.

 

 

Immer wieder "Zahn der Zeit"

Pfarrer Alois Lebert ließ 1963 und 1964 das Dach und den Fußboden der Pfarrkirche Maria Heimsuchung renovieren. Ein Jahrzehnt später war es Pfarrer Norbert Stroh, der eine gründliche Außen- und Innenrenovierung veranlasste und - entsprechend dem neuen Laienverständnis in der Kirche - nach zahlreichen Sitzungen der zuständigen Gremien, auch nach den Plänen des Gemündener Architekten Georg Wiesinger "durchzog".
Alle Sanierungs- und Restaurationskosten im Außenbereich betrugen 375.000 Mark. Die Innenrennovation begann Ende April 1985. Es gab viel zu tun. Dazu kam die Neugestaltung des Hochaltarraumes, für die Julian Walter aus Vasbühl verantwortlich zeichnete. Durch die gründliche Restauration der Kunstgegenstände, vor allem des 1915 von Heinz Schiestl geschnitzten Flügelaltars und der Seitenaltäre, sowie der aus dem Bestand der "alten Kirche" stammen- den wertvollen Figuren bekam der Innenraum neuen Glanz. Eine Seitenkappele wurde zur Taufkapelle umgestaltet, der Marien-Seitenaltar bekam den restaurierten Tabernakelaufsatz der alten Kirche aus dem Jahre 1873. Der inzwischen verstorbene Kunstschreiner Hermann Kretz restaurierte den Kreuzweg.

 

Spätgotische Kostbarkeiten

Die Kirche beherbergt neben dem Schiestl-Altar auch noch andere Kostbarkeiten. Dazu zählen die Pieta und ein Vortragskreuz vom gleichen Künstler. Die wertvollen Figuren der Apostelfürsten Petrus und Paulus stammen von einem unbekannten Meister aus dem späten 15. Jahrhundert.
Bemerkenswert sind das Dreikönigsrelief eines unbekannten Meisters um 1520, eine Statue des "zweiten Kirchenpatrons St. Sebastian und eine barocke Madonna. Die Neugestaltung des Hochaltarraumes ist gut gelungen. Reste der alten Kommunionbank sind als Abschluss sinnvoll mit eingebaut worden.

 

Große Opferfreudigkeit

Die Innenrennovation kostete noch einmal rund 450.000 Mark, sodass die gründliche Instandsetzung der Pfarrkirche 1984/85 rund 800.000 Mark verschlang. Die Diözese Würzberg hat dazu durch ihre Finanzkammer über die Hälfte beigesteuert. Die politische Gemeinde gab insgesamt rund 35.000 Mark, das Landesamt für Denkmalpflege und der Landkreis Main-Spessart beteiligten sich ebenfalls an der Finanzierung. Die Kirchengemeinde selbst hatte rund 319.000 Mark an Eigenmitteln, Spenden, Darlehen und durch Eigenleistung aufzubringen. Wenn sich die Rechtenbacher jemals knauserig gezeigt haben sollten: bei dieser und den früheren Renovationen der Kirche stellten sie sich das allerbeste Zeugnis aus.

 

Feierliche Altarweihe

Krönender Abschluss der Arbeiten für Umbau und Renovation bildete die Altarweihe am 10. November 1985 durch Bischof Dr. Paul-Werner Scheele. Neben Ortspfarrer Norbert Stroh nahmen daran auch die aus Rechtenbach stammenden Priester Professor Dr. Alois Madre,
Manfred Durchholz, Josef Kohl und Pater Johannes Steinbach teil. Zum Auftakt fand die Reliquienehrung statt, bei der Professor Alois Madre über die Bedeutung der Heiligen in dieser Zeit predigte. Der Bischof setzte die Reliquien der frühchristlichen Märtyrer Concespus, Suloitius, Eugenius,
Theophilus, Restituta und des fränkischen Märtyrerpriester Liborius Wagner feierlich im Reliquengrab des Hochaltars bei. In seiner Predigt würdigte er die Opferfreudigkeit der Gläubigen. Mit Recht können die Rechtenbacher stolz sein auf "ihre" Kirche

 

Die alte Marienkirche ("Glasmacherkirche")

 


Bilder vom Innenbereich der Kirche

Bilder vom Altar

Bilder von den Figuren


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